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Freitag, 11. Dezember 2015

Freitod & Sterbehilfe(verbot)


Ein PS zum letzten Post, auch - oder gerade - im Hinblick auf das soeben verabschiedete grausame Sterbehilfegesetz:

Vorab - ich lebe als Deutscher in der CH & habe hier "grünes Licht", darum betrifft mich v.A. die gruselige Vorstellung, unter gleichen Voraussetzungen in DE leben zu müssen.
Ja, es mag suizidale Menschen geben, die affektiv handeln - welche jedoch nur seltenst aufzuhalten sein werden. Es gibt Menschen, die ihr Leben acht- & sinnlos riskieren, auch die wird niemand zurückhalten (& sie werden oft gar als Helden gefeiert). Doch glaubt "Ihr", die Ihr gern über den Wesenszustand anderer urteilt, ein kranker oder krank gemachter Mensch wirft mal eben nebenbei sein Leben weg? Denn jene betrifft es - gesund & glücklich wird niemand diese Gedanken haben oder gar in die Tat umsetzen wollen.
Ich behauptvermute das beinahe Gegenteil - oder glaube es zumindest (der einzige Glaube, den ich habe). Ja, ich glaube, wer dem Tod nahe kommt, wer sich - warumauchimmer - länger & intensiv mit dem Sterben auseinandersetzen muss, wird zumeist seinen Blickwinkel auf das Leben verändern. Zwangsläufig daüber nachdenken, woher wir kommen, was unser Sein & begrenzter Verstand bezweckt. Sehr häufig tieferen Respekt vor dem Leben & seiner möglichen / wahrscheinlichen Einmaligkeit entwickeln. Es mglw. umso schwerer "einfach aufgeben" können. & umso schwerer verstehen, warum es unter den Mäntelchen von "Lebensschutz" & angeblicher Würde nur seinen Geldwert wert ist.
Weshalb sollte gerade ein kranker Mensch voreilig & unbedacht sein Leben beenden - in einem Moment / Zustand, da wohl jedem alle irdische Endlichkeit bewusst wird - inkl. des Fakts, dass unser Verstand sie nicht (be)greifen kann? Nun, mich macht es einfach nur traurig & verzweifelt zu sehen, was selbst ein einfaches Leben in körperlich erträglicher Verfassung alles böte - hunderte Arten, mit Tönen zu experimentieren, einmal einen Urwald oder die Weiten Amerikas sehen - & nicht zuletzt die ungeheure Faszination von Wissen. Mttlw. wäre ich einfach nur damit zufrieden, nicht täglich mit Angst und-oder Schmerz zu erwachen - nie wissend, ob es sich folternd potenziert - & ein eingeschränktes Dasein im engen Radius von Büchern & Computer führen zu können.
Gerade durch die Erfahrung des Schmerzes würde ich es niemals leichtfertig aufgeben - ja zugegeben beneide ich jeden, der mit ähnlichem Hintergrund so etwas wie schlichte Menschlichkeit entdeckt & damit einen lebbaren Alltag meistert. 
Mir ist klar, dass ich, was diese Gedanken / Empfindungen angeht, letztlich nur für mich sprechen kann. Doch was den Zwang anbelangt, im Zustand schlimmster Qualen weitervegetieren zu müssen - ganz gleich, ob primär physisch oder psychisch verursacht, kann ich nicht mehr an die angebliche Güte derer glauben, die über unser Schicksal herrschen wollen (neben der banalen Tatsache des Menschenrechts auf Selbstbestimmung).

Ich behaupte gar, mit der aus beinah totaler Entmündigung resultierenden Angst vor einem schmerzhaften, langwierigen Ende wird uns nicht selten das Letzte an Würde & Liebe zu lebenswerten Augenblicken genommen. Die kalte Anmassung dahinter, die Entrechtung Alter & Schwacher ist erschreckend - sind viele von uns unbewusst solche Bestien ohne jedes Mitgefühl, selbst im Angesicht massiven (fremden) Leids?
Doch warum eigentlich verwundert sein? Ich bin sicher keine Ausnahme mit der Erinnerung an Kinder, die schon im frühen Grundschulalter systematisch Schwächere aufspüren & sich an ausgeteilten Tritten aufwerten konnten (sowie an ähnlich geartete oder "blinde" Pädagogen). Warum sollten sie als Erwachsene anders geworden sein? Die Sucht nach & die Befriedigung durch Macht kann schliesslich fast jeden einholen - wer nach grosser & absoluter Macht strebt, hat das Prinzip vermutlich schon früh gelernt. & was gibt mehr Macht als jene über Leben & Tod - sei es direkt oder im Versteck eines Glaubens, monetärer Ambitionen u.ä…(?)
Unsere Gesellschaftsformen laden wohl seit sehr langer Zeit dazu ein, persönliches Empfinden gar nicht erst aufkommen zu lassen & sich hinter Dogmen, Ideologien & Strukturen zu verschanzen. Welche es (vermutlich) liebenden Familienmenschen erlauben, das scheinbare Wohl des Systems, der Partei, Firma, whatever über Schicksale Einzelner zu stellen & potenzielle Grausamkeiten zu unterschreiben. & natürlich sich abzugrenzen vom Unschönen, Unansehnlichen, letztlich vom eigenen Sterbeszenario in all seinen mglw. schrecklichen Varianten. 
Anders ist das faktische Sterbehilfeverbot nicht zu verstehen - nicht unter dem Aspekt, dass halbwegs aufgeklärte Menschen im 21. Jh. wissen müssten, dass aus der immer effizienteren künstlichen Lebensverlängerung auch ungeheure Leidensverlängerung werden kann. Dass es Krankheiten gibt, deren Qual die beste Palliativmedizin der Welt nicht lindern kann - ALS, COPD, Opiat-Resistenz, Locked-In-Syndrom &&&…

Mit etwas "Glück" letzter Zughalt auf freier Strecke, mit Pech...

Kann man ob persönlicher Macht derart von sich überzeugt sein, durch "göttliche Fügung" o.ä. selbst per se verschont zu bleiben? & sich (bzgl. der Ohnmacht ggü. o.g. Krankheiten) nicht nur neben sondern quasi über den Willen eines angeblich legitimierenden Gottes stellen?
Oder ist es am Ende gar noch schlimmer & wir haben es bei lebenslang Machtbesessenen mit unbewusstem Masochismus zu tun, der im "Spiel mit dem Tod" seine Erfüllung findet - auch mit dem eigenen? Der nebenbei Unzählige in den Strudel selbstdestruktiven Wahns zieht? Klingt verrückt - aber ist es auszuschliessen? Die Psychopathologie von Diktatoren (aller Art) zeigt recht eindeutig in solche Richtungen - wie nah oder entfernt hiervon vglw. "normale" Poliker, Geistliche, Geldmenschen, Ärzte, Pädagogen etc. sind, ist freilich nicht pauschalisierbar & Spekulation.

Nicht spekulativ hingegen ist, dass eine kleine Minderheit sogenannter Parlamentarier 80 Mio. Menschen entmündigt & ihnen gegen ihren Willen einen potenziell grausamen Sterbeprozess aufgezwungen hat. Der Tod mag - aus der Ferne - ob seiner ultimativen Mystik auf viele sogar eine geheimnisvolle Faszination ausüben. & es gibt zweifelsohne Menschen, die ehrlichen Herzens andere davor beschützen wollen. Doch glaubt mir - ihm tatsächlich in die Augen zu blicken, ist alles andere als faszinierend...
Ich wünsche meinem ärgsten Feind nicht… doch zugegeben wünsche ich sich-selbst-überhöhenden Bestimmern, für nur wenige Tage zu spüren, was es bedeutet, wenn selbst Opiate nicht oder konträr wirken. Es keine Alternative mehr gibt. & alle Lebens-Leidenschaft in einem schmerzhaften Nichts versinkt. Ich weine jeden Tag. Lautlos. & ganz bestimmt nicht, weil ich mal eben mein Leben wegschmeissen möchte.





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